Kübelweise Sehnsucht kotzt du vor meine Füße,
ich will sie nicht, das wissen wir schon …
Dieser Mann da, dieser hässliche, hässliche Mann mit der Zigarette. Mit der Zigarette und mit der Lupe, er steht da richtig unangenehm im Gras, vor dem Feld, zwischen den Bäumen, in der Sonne. Ich hasse diesen Mann. Seine Lupe bündelt die Sonne auf meiner Schnauze. Es riecht bereits, ein Geruch, der mich in Alarmbereitschaft versetzt, denn dieser Geruch sagt mir ohne nachzudenken: Es brennt jetzt Haut oder Fell oder Horn. Ich rümpfe meine Nüstern, schnaube. Scharre mit den gebundenen Beinen.
Uns gibt es seit Jahrtausenden, aber gegen einen Strick sind wir noch immer machtlos.
Dem hässlichen Mann wird langweilig. Sein Marinesack lehnt an der Lehmmauer. Es scheint den Mann überhaupt nicht zu kümmern, dass sein Sack von Rotwanzen untersucht wird. Seine Kappe mit dem goldenen Abzeichen ist steif geworden vom Salzwasser und den Brisen. Auch sie ist mit Cognac-Läusen gesprenkelt.
Das Brennen auf meiner Schnauze hört auf, die Lupe wandert nun in Richtung Gesicht des Mannes, in dem eine Zigarette steckt. Der hässliche Mann saugt an dem Stängel und sieht noch hässlicher aus. Seine Wangen wie eine Mumie, auch von der Farbe her; vom Geruch.
Meine Hufe unterhalb der dicken Strickknoten spüre ich nicht mehr, sie sind eins geworden mit dem Schmerz der Welt, verwachsen mit all dem früheren Leid, das von den Eseln in den Boden gesickert ist.
Jetzt ist die Nase des Mannes an meiner. Er hat die Backen aufgebläht und umschließt erstaunlich behutsam mit seinen Lippen mein linkes Nasenloch. Dann bläst er den Rauch in mich hinein. Mir wird ein bisschen schwindelig, wenn es auch nicht der erste Angriff dieser Art ist. Etwas verlegen schiele ich zu den Elstern, die aus dem Acker die ersten Würmer herausziehen. Ich denke, sie lachen mich aus, aber sie tun es nicht. Ein Esel ist den Elstern von nicht allzu großem Wert.
Der Mann ist jetzt endlich fertig. Er uriniert ohne sich umzudrehen. Ich muss es ebenfalls laufen lassen, und er schmunzelt mich an.
»Nicht schlecht«, sagt er, und »Alle Achtung.« Er nickt anerkennend. »Mein lieber Scholli«, sagt er zischend, und »Donnerwetter!«.
Er steckt die Lupe in seine Brusttasche und wendet sich seinen Sachen an der Mauer zu. Behende schüttelt er seine Kappe aus, rote Pünktchen fliegen durch die Luft.
»Ich muss dann mal wieder«, sagt er.
Summertime Madness – Summer Edition 2022
Kübelweise Sehnsucht kotzt du vor meine Füße,
ich will sie nicht, das wissen wir schon …
An dem einen Ufer. An dem Anderen. An dem Ufer des Flusses. An den Ufern von Seen. Die Gewässer trennen und verbinden. Die Ufer sind das Ende und der Anfang. Das Wasser ist der Anfang und das Ende.
Weitere Texte von Swan Collective
»Ist es vermessen, nach einem arbeitsreichen Tag ein Süppchen zu verlangen, mein Herr? Alsbald ich den Hof betrete, sollte der Kessel schon brodeln!
Dieser Mann da, dieser hässliche, hässliche Mann mit der Zigarette. Mit der Zigarette und mit der Lupe …