© Fotoarchiv Helena Melikov

Schmauch.

von Michael Schuster

Glastende Sonnenperlen wipfeln im Edelmut der baumhoch schwalgenden Nebel. Sie umspiegeln seinen Geruch und besingen dessen Wonne, durch das zarte Bestreichen aller feinsten Tröpfelein. Der Wald, ruhig wabernd, versprach sich ihrer Obhut und vermag es nun, ihnen eine friedliche Herberge zu schenken.

 

Um ihr dürstendes Gemüt wissend, darbend, ersuchen die Tropfen Gehör von des Lichtes Saum, der sich aller Konturen und Welten darbietet und Licht und Schatten miteinander verbindet. Jene schmale Flur aus unkenntlicher Schönheit, im Tau des Morgens verhangen, erliegt seinen milden Tändeleien. Solche, die sich dem Fidelio des Immergrünen entziehen und nur im absterbenden Gelaube des Blättrigen herumspielen. Sich nun, mit den Schattierungen des Ablebens, ein befangener Schimmer anstimmt. Umfangen von einer leisen, der Tageszeit angebrachten Melodie.

 

Die weiße Poesie überschleiert all jenes, dass sich zu spät in den sicheren Schutz flüchten konnte. So ruht dieses nun mit gelockten Flocken und begibt sich, an seiner Leben Erinnerung weilend, mit der Natur in den Winterschlummer.

 

Verklungen sind die hellen Schritte der Sommerhitze. Er, der Sommer, durchmaß das Land für viele Tage und Stunde. Motivierte der Vögel Gesang, das Köpfchenrecken der Blumenkelche und das emsige Flattern der bunten Schmetterlinge. Er bestrich die Oberflächen der kühlen Seen mit liebermännischer Lichtkunst, brachte Pinsel auf die Leinwand und hinterließ sie mit perfekten Reflexionen des Sonneballs.
Seinerzeit.

 

Heuer blitzen diese Funken auf dem blanken Gewand des Winters wider. Tritt man auf die Erde, so schnurrt einem, katzengleich, ein Wohlklang entgegen und durchfährt die schelmische, kalte Welt. Duftblasen steigen empor und räkeln sich. Frisch erwacht aus ihrem Sommerschlaf, dürfen sie bald dem Treiben und der Winterblumenlese Protagonist werden.
Vereinzelt rieseln die weißen Locken von den Astern, Pappeln und Birken herab. Treffen einer Drossel Köpfchen, welche erschreckt zur Seite springt. Der Appetit verhunzt nun, schickt sie sich an aufwärmend herumzuflattern.

 

Weit drüben, dort hinten im Dorf, schmauchen die Schornsteine der Häuser ihre blaffende Wärme herauf. Schneiden einen warmen Dunst in die Luft und hinterlassen eine Schneise schwarzen Schleiers. Die Dachfirste finden sich belegt mit dicken Schneeschichten. Frostige Hauchzer wehen unwirsch drüber hinweg, verzücken den Zuseher mit ihrer mattierenden Wirkung der Szenerie und drehen sich in Windeseile in Pirouetten durch die kalte Luft. Die Magie sei aber nicht zu Ende, sofern sie auf den Boden herabsinken und das Land mit ihrem kurzen Besuch verglücken.

 

Nebenan schmettert tumb die Kirchturmglocke den Nachmittag herbei, während der einsame Wanderer außerhalb nach oben blickt und sehnsüchtig die zartschmelzenden Flocken mit dem Gesicht auffängt. Ein Flockenfänger. Ein Fänger von Flocken. Ein Fänger unter Flocken.    

 

Die vorfabulierenden Träume an den Frühling verstummen unter dem herrlich glückseligen Gewölk aus Ruhe und Erfüllung, die dem jungen Januar immanent beigebracht wurde.

 

Er blüht selbst bereits aus vollem Eifer.
Der Allee folgend wandere ich derweil weiter des Weges.
Flockenverfangen.   

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