© Fotoarchiv Helena Melikov

Das war unser

von Noa Sophia Niss

Einmal, da rannten wir noch spät in den Garten. Die Luft war lau, dein blondes Haar schon für die Nacht zurechtgesteckt. Ich mochte es offen. Meine Kopfhaut brannte sonst am nächsten Tag, sowie die Knie unter den Leinen-Laken. Wenn ich dich einholen konnte, habe ich dich nie überholt. Wollte immer ein Stück hinter dir sein, mich in deinen Windschatten legen. Laufen.

 

In diesen Momenten war es unser Sommer. Unsere kleine Vorstadt mit ihren grauen Dächern, die sich auf die Geschichten der Nachbarn legten. Unsere Strommäste, die sich durch die Straßen webten und uns von den Wolken trennten. Unsere Kirschbaum-Äste an denen wir uns hochangelten, um uns in die Abend-Luft zu legen. Der Ruf unserer Mutter, wenn wir noch kopfüber im Jung-Sein baumelten. Der Schmerz von tagzerreißend schweren Gliedern. Die kupferfarbene Regenrinne am efeuumarmten Geräteschuppen. Die Sekunden, kurz vor neun und der zögernde Gang in die eigenen 14 Quadratmeter. Der Raum, der mich sanft umhüllend einverleibte, bis wir uns dann später durch Träume tasteten. Als meine Erinnerungen deine Fantasie trafen, während du noch durch dein Fenster in den Garten blicktest, mit dem Wissen: das war unser.

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Einmal, da rannten wir noch spät in den Garten. Die Luft war lau, dein blondes Haar schon für die Nacht zurechtgesteckt. Ich mochte es offen.

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