© Fotoarchiv Helena Melikov

Das Schnödel-Baby.

von Michael Schuster

„Warum habe ich denn gerade heute das Gestreifte anziehen müssen?“, eruiert M leise in sich hinein. Der geflochtene Stuhl unter ihm sitzt ruhig auf dem Boden, während dieser sich knarzend über dessen Gewicht echauffiert. „Mit diesem ganzen Schwarz um mich herum wirke ich doch wie das properste Knödel-Baby. Hm – Knödel-Baby. Gibt es dafür eventuell einen Award? Die Nido oder die Vogue-Kids hat dafür doch sicher eine Kategorie, die absurd genug ist, damit sich die schnöden Mütter den Artikel als „innocent chic“ und „absolute instagramable“ auf ihr Pinterest-Sammelstickerbrett in der Küche stecken. Direkt neben dem Yves-Saint-Lauren Toaster (eBay sagt mind. 380€) und dem infamen Katy Perry Nudelsieb (79€ [sic!]). Ganz bestimmt. Wie komme ich jetzt aber an Anna Wintour ran? Hat die vielleicht ein eigenes Schnödel-Baby (Schnösel- und Knödel-Baby), mit dem ich obszöne Oberflächlichkeit austauschen kann, um mich ins Bewusstsein jener PR-Agentur zu katapultieren, die mich auf irgendein Cover bringt. My favourite Knödel-Baby 2018. Das hat doch sicher auch Merchandise-, Marketing und Filmrechtepotential. Vermarktungskette: check. – Aber vielleicht sollte ich erstmal diesen seltsamen Matsch auf meinem Teller fertig essen, ein Bäuerchen machen und von Mami ins Bett getragen werden. Bin ja schließlich schon wieder knapp zwei Stunden am Stück wach und suuuper müde. Das Wintour-Baby ist sicher später auch noch online. Dann mach ich das aber wirklich. Ganz echt.

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